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15.05.2009: Postliberalisierung auf Abwegen

By 15. Mai 2010 Juni 26th, 2015 Allgemein

Post AG lenkt von Diskussion über Postmarktgesetz ab und setzt Gesetzesentwurf in die Tat um

Nach gleich lautenden Medienberichten teilte die Österreichsche Post AG (Post AG) heute in mehreren Aussendungen der Öffentlichkeit mit, wie sie sich in Zukunft die Zustellung von Briefsendungen vorstellt. Diese soll durch private Zustellpartner erfolgen, die nicht dem teuren Post-Kollektivvertrag unterliegen und daher kostengünstiger sind. In einem ersten Schritt wolle man 600 eigene Zusteller durch private Zustellpartner ersetzen. Der Vorstand der Post AG begründet die Maßnahme mit der Konkurrenz von SMS und E-Mail sowie den 30 % niedrigeren Personalkosten von privaten Mitbewerbern.

Ablenkungsmanöver

Mit den Aussendungen der Post AG und den – postwendend dagegengehaltenen – Kampfesansagen der Postgewerkschaft soll offenbar von einer Diskussion abgelenkt werden, die seit einigen Wochen auf politischer Ebene geführt wird; nämlich jener um das neue Postmarktgesetz, mit dem die EU-Postrichtlinie umgesetzt werden soll und dessen Entwurf sich gerade in Begutachtung befindet.

Die Ablenkung kommt zur rechten Zeit, denn der Gesetzesentwurf wurde nicht zuletzt deshalb von unterschiedlichen Seiten teils scharf kritisiert, weil er den Anliegen der Post AG mehr Platz einzuräumen scheint als der Marktöffnung und dem Wettbewerb.

Rosinen picken

So sieht der Entwurf für das Postmarktgesetz unter anderem eine Regelung vor, wonach alternative Anbieter ihren Mitarbeitern die gleichen Löhne und Gehälter zahlen müssen wie die Post AG, wenn sie in den Markt für die Zustellung von Briefen bis 50 Gramm eintreten und die dafür notwendige Konzession bekommen wollen.

Davon ausgenommen sind die Erfüllungsgehilfen, sprich Subunternehmer, der bereits auf diesem Markt tätigen Postdienstleister mit Konzession. Die Post AG braucht laut Gesetzesentwurf keine Konzession, sondern gilt ex lege als konzessionierter Postdienstleister.

Das Postmarktgesetz hätte in dieser Form also zur Folge, dass die Mitbewerber der Post AG deren Lohn- und Gehaltsbedingungen einhalten müssten, während sich die Post AG selbst durch Vergabe der Zustellung an Subunternehmen davon befreien könnte.

Klaus Schauer, Geschäftsführer von >redmail dazu:

„Die Ankündigung der Post zum jetzigen Zeitpunkt zeigt, dass sie offenbar davon ausgeht, dass das Gesetz genau so kommt wie im Entwurf. Ich möchte gar nicht darüber mutmaßen, was die Post AG in diese Lage versetzt. Ein Postmarktgesetz, das den noch gar nicht am Markt befindlichen Anbietern Pflichten auferlegt und diese dem ehemaligen Monopolisten gleichzeitig erlässt, wäre jedenfalls einzigartig in der EU.“